Goju Ryu Karate Dortmund e.V.

Gōjū-Ryū (jap. 剛柔流; „harter und weicher Stil“) ist ein Karate-Stil mit lang zurückreichender Tradition, der besonders viele Elemente des ursprünglichen chinesischen Boxens des 17. bis 19. Jahrhunderts enthält. Der Namen Gōjū-ryū wurde von Chojun Miyagi (18881953) gewählt. Miyagi bezog sich bei der Auswahl des Stilnamens auf das lange Zeit geheim gehaltene Bubishi, in dem eine der „Acht Regeln des Faustkampfes“ da lautet: „Alles im Universum atmet hart und weich“ (Ho Gōjū donto).

Geschichte

Im Bugei Ryūha Daijiten, der Enzyklopädie der Kriegskunststile von Kyoshi Watatani und Yamada Tadashi (Tokyo, 1978) wird Gōjū-ryū unter anderem wie folgt charakterisiert:

Das bedeutet: (Gōjū-ryū wird) „Auch Koshiki no Waza genannt.“ Koshiki no Waza sind „antike Techniken“, „Techniken der alten Schule“, oder „antike Riten“. Dementsprechend handelt es sich beim Gōjū-ryū um die Überlieferung traditioneller Kampfmethoden.

Gōjū-ryū Karate entwickelte sich aus der Erforschung und Systematisierung affektierter unbewaffneter Kampfbewegungen auf Okinawa. Die Entwicklung des Gōjū-ryū Karate ist mit der Geschichte von China, Ryūkyū und Japan verbunden.


Ryūkyū

In der Zeit der Drei Königreiche (Sanzan Jidai) kämpften drei Feudalfürsten (Anji) um die Macht in Okinawa, wobei die üblichen militärischen Mittel, Maßnahmen, Taktiken und Strategien zum Einsatz kamen, also Waffengebrauch, Reiten, Befestigungsbau usw. Während es in Okinawas Frühzeit entsprechend militärische Auseinandersetzungen gab, wurde 1429 ein Verbot des Waffenbesitzes für die gesamte Bevölkerung verhängt. Der Waffenbesitz wurde mittels staatlicher Bevorratung gesteuert und durch harten Strafen sanktioniert.

Als handelsstrategischer Partner des damals in Asien kulturell herrschenden chinesischen Reiches kam Okinawa über die maritimen Handelsrouten in Kontakt mit zahlreichen Ländern Asiens. Im 15. Jahrhundert entsandte China dem König von Ryūkyū ein komplettes „Kulturbüro“, die so genannten 36 Familien (Sanjuroku Sei), die sich in dem zu Naha gehörenden Dorf Kume niederließen. Sie stammten aus der südchinesischen Provinz Fukien und ursprünglich handelte es sich bei ihnen um Schiffshandwerker und Navigatoren, die den Tributverkehr zwischen China und Ryūkyū unterstützen sollten. Später kümmerten sich die Mitglieder dieser Kommune um alle möglichen Verwaltungs-, Handels-, Kulturfragen (inkl. Technik) und Sicherheitsfragen und brachten erstmals systematisch Kenntnisse über chinesisches Quanfa (Kungfu) nach Okinawa. Kume war für Ryūkyū Jahrhunderte lang das Fenster zur chinesischen Kultur.

Sanzan
Sanzan

1609 wurden das militärisch unbedarfte Ryūkyū-Königreich vom Shimazu-Clan aus Kyūshū erobert. Alle Funktionen des Königreiches, wie der Königshof in Shuri, die 36 Familien sowie die Tributbeziehung mit China liefen jedoch weiter, was für die Entwicklung des Karate entscheidend war. Auch das Waffenverbot wurde von den Shimazu erneuert.

Auf Okinawa existierte ein einheimisches Kampfsystem, welches Te 手 genannt wurde/wird und welches anhand schriftlicher Quellen erstmals im 17. Jahrhundert nachgewiesen werden kann: Teijunsoku Oyakata (1663–1734) war Stadtoberhaupt der Stadt Nago und konfuzianischer Gelehrter. Er schrieb etwa um 1700:

Unabhängig davon, wie du dich vielleicht in der Kunst des Te auszeichnen magst, oder in deinem akademischen Streben ...; nichts ist wichtiger als dein Verhalten und deine Menschlichkeit und wie du diesen im täglichen Leben folgst.

Te bedeutet wörtlich „Hand“, bedeutet hier jedoch soviel wie Kampfmethode. Im Dialekt von Okinawa wird dieser Begriff noch heute als ディイ (mit langem i) ausgesprochen. Inhaltlich kann er mit dem japanischen Jutsu 術 verglichen werden.

Eine erste Systematisierung findet sich in dem Tōde 唐手 genannten Kampfsystem direkter kontinentaler Abstammung, welches etwa ab dem 17. Jahrhundert in zunehmendem Maße nachweisbar hauptsächlich von China aus nach Okinawa übertragen wurde.

Tōde 唐手 kann verschiedentlich interpretiert werden. Te heißt zwar wörtlich „Hand“, beschreibt hier aber im Prinzip eine Kampfmethode. So bedeutet Tōde 唐手 soviel wie „chinesische Kampfmethode“ oder „fremdländische Kampfmethode“. (Tō 唐 ist die (chinesische) Tang-Dynastie, bedeutet aber auch einfach China oder „fremdländisch“).

Andere südostasiatische Einflüsse gelten als sehr wahrscheinlich.

Verantwortlich für die Entwicklung des späteren Karate waren die oft beamteten Funktionen innerhalb des Rangsystems des Königreichs. Die Funktionen dieser Ränge reichten vom Straßenpolizisten über Dorfvorsteher und Sicherheitspersonal für Burganlagen oder Tributschiffe bis hin zu hohen Ministern, Fürsten und Prinzen. Anhand der Titel der wichtigsten Protagonisten der okinawesischen Kampfkunst aus der Zeit des Ryūkyū-Königreiches lässt sich einwandfrei nachweisen, dass es sich um Personen von Rang handelte.

Ränge im Ryūkyū-Königreich (aufsteigend geordnet):

Mit der Abschaffung des Ryūkyū-Königreichs und der Einverleibung als Präfektur Okinawa in das japanische Reich im Jahre 1879 gingen alle diese Ränge und damit viele kulturell besetzte Rechte und Pflichten verloren (Deshalb tragen die Karateka neueren Datums keine Titel).

Erst 1905 wurde Karate (Shōrin Ryū und Shōrei Ryū) erstmals öffentlich im okinawesischen Schulsystem gelehrt (durch Itosu Ankō und Higashionna Kanryō).

Stilabgrenzungen

Das einheimische Kampfsystem Te 手 wurde durch den Einfluss des chinesischen Quanfa beträchtlich verbessert und ab dem 18. Jahrhundert Tōde 唐手 genannt. Daraus entwickelte sich mit der Zeit schließlich das ursprüngliche Karate 空手, welches in Shuri-te 首里手, Tomari-te 泊手 und Naha-te 那覇手 eingeteilt wurde, also in die spezifischen Kampfmethoden der Bezirke Shuri, Tomari und Naha. Diese Einteilung ist teilweise noch heute gültig. Daneben gibt es weitere ursprüngliche Stile, die den genannten Einteilungen nicht direkt zuzuordnen sind. Ferner werden diese Stile zwei übergeordneten Klassen zugeordnet: Shōrin Ryū 少林流 und Shōrei Ryū 昭霊流.

Shōrin Ryū 少林流: Beschreibt die Stile des Shuri-te 首里手 und Tomari-te 泊手. Shōrin 少林 bedeutet hier „Shaolin-Stil“ und ist ein Hinweis auf den Einfluss der nordchinesischen Stile des Shaolin Tempels. Wörtlich bedeutet Shōrin 少林 „ein bisschen Wald“.

Historische Protagonisten

Gōju-ryu ist gleichberechtigt im „japanischen“ wie im „okinawaischen“ Karate vertreten. In den heutigen Stilen bezieht sich die Besonderheit der jeweiligen Gōju-ryu-Strömung häufig auf den Zeitraum, in dem die Kunst erlernt wurde, bzw. auf das entsprechende Training der Meister jener Zeit (Miyagi, Higa, etc.), die Karate unterrichteten. Die Art des Trainings, wie sie in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Okinawa von Miyagi Chōjun praktiziert wurde, gelangte ab 1930 in seiner originalen Form auf die japanischen Hauptinseln und wurde dort konserviert. Auch existieren Dōjō, welche die traditionelle, von Seiko Higa gelehrte Form zum Inhalt haben.

Higashionna Kanryō (18531917)

Studierte chinesische Kampfkünste in der Tradition des „Weißen Kranichboxens“ und entwarf die Kunst des Naha-te. Sein bedeutendster Schüler war Miyagi Chōjun. Kanryō wurde am 10 März 1853 in Nishimachi, Naha, Okinawa geboren. Als Kanryō 14 Jahre alt war, starb sein Vater. Im selben Jahr begann er sein Training im Karate mit Arakaki Seishō 新垣世宗 (1840–1920), der später in der Funktion eines Tsūji Pēchin (Übersetzer) nach China geschickt wurde. Auch Kanryō ging nach China, allerdings zum Studium der Kampfkunst. Er ging nach Fuzhou 福州 in der südchinesischen Provinz Fukien 福建省. Man sagt, dass er die Hafenstadt 1873 erreichte und fünfzehn Jahre blieb. Es ist nicht ganz klar bei wem er welchen Stil studierte; mitunter wird das Kojō-Dōjō in Fukien als Ausgangspunkt angenommen, weiterhin der Bukan (武官; Militäroffizier) Wei Shinzan (dem es wegen seines Berufes aber verboten gewesen sein soll, Privatleute zu unterrichten). Ein großer Teil von Kanryō's Lehre geht jedenfalls auf Ryūrūko zurück, einen chinesischen Meister in der Tradition des Weißer Kranich Boxen.

Das chinesische System, dass Kanryō von Wei Shinzan und Ryūrūko lernte, war wahrscheinlich eine Mischung aus südchinesischen Stilelementen, basierend auf dem Weißer Kranich Boxen und dem 5 Ahnen Stil. (Diese wird bestätigt durch die Reise einer japanischen Gruppe unter der Leitung von Tomoharu Kisaki Mitte der 80er Jahre nach Fukien, in die Formen der chinesischen Stile mit den Goju-ryu Kata wie Sanchin 三戦, Sansēru 三十六, Superinpē (Pēcchurrin) 百零八 verglichen wurden.) Ein weiterer allgemeiner Begriff für die südchinesischen Boxstile jener Zeit wird als Pan Gainoon 一半硬半軟 gegeben, welches wörtlich übersetzt „halb-hart halb-weich“ bedeutet. Dazu studierte Kanryō auch Waffentechniken. (Eine interessante Angelegenheit, vor allem auch im Bezug zu Geschichte und Lehrplan des Ryūei-ryū.)

Chōjun Miyagi (18881953)

Geboren 25 April 1888 in Higashimachi, Naha. Namensgeber des Gōjū-ryū. Unter anderem durch Miyagis Wirken wurde das Gōjū-ryū der erste Karate-Stil, der offiziell vom Dai Nippon Butokukai 大日本武徳会 1933 anerkannt und registriert wurde. Gleichzeitig war Miyagi der erste Karateka, der vom Dai Nippon Butokukai einen japanischen Budō-Titel im Karate-jutsu verliehen bekam, den eines Kyōshi. Nach seinem Tod gründeten seine wichtigsten Schüler eigene Gōjū-ryū-Dōjō und Verbände. Die legitime Eigenständigkeit jedes dieser Dōjō und Verbände zeigt sich darin, dass man heute zur genaueren Spezifizierung den Dōjōnamen zusätzlich zum Stil nennt, z. B. Shōdōkan, Jundōkan, Meibukan etc., bzw. den entsprechenden Verband zugrundelegt.

Higa Seiko (1898–1966)

Geboren am 8. November 1898 in Naha. Ab 1911 oder 1912 trainierte er unter Higashionna Kanryō, später zusammen mit Miyagi Chōjun, der sozusagen Higa's Sempai war. nach einer Karriere als Lehrer und Polizist eröffnete er 1931 sein erstes eigenes Karate-Dōjō. Spezifizierung: Shōdōkan.

Yagi Meitoku (1912–2003)

Geboren 6 März 1912. Begann 1926 sein Training unter Miyagi Chōjun. Nach Miyagi's Tod wurden ihm durch Miyagi's Familie Dogi und Obi des Meisters vererbt (der Dōgi wurde einst von Miyazato Ei'ichi für Miyagi gekauft). Spezifizierung: Meibukan, gegründet 1952.

Toguchi Seikichi (1917–1998)

Geboren am 20. Mai 1917 in Naha. Spezifizierung: Shoreikan.

Miyazato Ei'ichi (1922–1999)

Geboren am 5 Juli 1922 in Higashi-machi, Naha. Begann sein Karatetraining 1935, und 1938 kam er zu Miyagi Chōjun. Nach Miyagis Tod 1953 erbte Miyazato alle Hojo Undō 補助運動 -Geräte seines Meisters. Spezifizierung: Jundōkan, gegründet 1954.

Kisaki Tomoharu (19201996)

9. Dan Hanshi aus Osaka, Japan. trat 1939 (zusammen mit Uchiage Kenzo und Katano Kenkichi) dem Karate-Club der Ritsumeikan Universität bei, wo er Gōjū-ryū unter und mit Miyagi Chōjun, Yamaguchi Gōgen und anderen studierte. Die Ritsumeikan Universität war nicht nur Hochburg des japanischen Gōjū-ryū, sondern stellte auch eine harte Fraktion in Kumite-Angelegenheiten, die als „Last-man-standing“-modus beschrieben wurde (ein Zeuge dieser Kämpfe war Ōyama Masutatsu). 1954 gründete er das Yuishinkan Dōjō in Osaka, welches 2004 sein 50jähriges Bestehen feierte. Neben Kenzo Uchiage, Kinkichi Katano, Yamaguchi Gōgen, Shozo Ujita und Mitsuyasu Okamura war Kisaki Tomoharu einer der 6 wichtigsten Vertreter des frühen Gōjū-ryū in Japan. Spezifizierung: Yuishinkan, gegründet 1954. Sensei Kisaki ist Abkömmling einer Familie mit Samurai-Wurzeln und -traditionen. Sein Vater war lange Jahre Bürgermeister im Stadtteil Morigushi in Osaka. Noch heute steht vor dem Keihan-Building eine große Steinbüste des Vaters, der ein hoch angesehenes Mitglied der traditionsbewussten Nomenklatura war. Auch Tomoharu sah sich diesen Traditionen verpflichtet und absolvierte eine Militärkarriere, die ihn selbst auch nach China führte, wo er sich einige Jahre den Wurzeln des Karate zuwenden konnte. Darüber hinaus war er dem Judo eng verbunden. All diese Erfahrungen brachte er in das Yushinkan ein. In Japan machte er sich insbesondere einen Namen als Instructor an der Universität und in der Polizei und genoss großes Ansehen als Vertreter des Goju Ryu Karate. Sowohl in Europa, hier in Deutschland als größte Bastion (Zentrum ist Kamen, NRW) und Belgien, als auch in Australien etablierte er Ableger des Yushinkan.


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